1933–1945: Verfolgung

Unrecht unter dem Deckmantel der »Gefahrenabwehr«

Wenige Wochen nach der Regierungsübernahme durch Adolf Hitler 1933 hebeln die Nationalsozialisten mit der Verordnung »zum Schutz von Volk und Staat« (Reichstagsbrandverordnung) zentrale Grundrechte aus. Viele derjenigen, die in den Folgejahren als »Asoziale« oder »Berufsverbrecher« verfolgt werden, nehmen dies aber nicht als einschneidende Veränderung wahr: Ämter und Polizei hatten vielen von ihnen bereits zuvor ein selbstbestimmtes Leben verweigert. Dabei spielten schon seit dem Kaiserreich »rassenhygienische« und kriminalbiologische Theorien wie zum Beispiel jene des »geborenen Verbrechers« eine Rolle. Nach 1933 werden diese Vorstellungen vollends zu Grundlagen der Wohlfahrt, des Gesundheitswesens und der Kriminalistik. Die Polizei erringt einen enormen Machtzuwachs gegenüber den Justizbehörden. Ab Januar 1934 kann sie Personen ohne Gerichtsurteil in »Vorbeugungshaft« nehmen und als »Gewohnheitsverbrecher« in Konzentrationslager verschleppen.

Im Mittelpunkt der nationalsozialistischen Weltanschauung steht die »Volksgemeinschaft«. Dieser sollen nur »deutsche Volksgenossen« angehören, die sich dem Führerprinzip unterzuordnen haben. Alle anderen gelten als »Gemeinschaftsfremde« oder »Reichsfeinde« und damit als Gefahr. Ins Fadenkreuz des Regimes geraten auch Menschen aufgrund ihrer sozialen Herkunft oder eines vermeintlich abweichenden Verhaltens. Die Nationalsozialisten sind überzeugt, dass angebliche »Minderwertigkeit« und Kriminalität vererbbar seien. Sie schikanieren arme Familien, unangepasste Jugendliche und Menschen, die beispielsweise nicht oder verspätet zur Arbeit erscheinen. Das »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses« ermöglicht »Erbgesundheitsgerichten« zudem, Zwangssterilisationen anzuordnen. Viele Menschen, die nicht den Vorstellungen der deutschen »Volksgemeinschaft« entsprechen, werden aus ihrem sozialen Umfeld gerissen und in Arbeitshäusern oder Für­sorgeanstalten untergebracht.

Im September 1933 durchkämmen Polizei und SA tagelang Kneipen, Nachtasyle sowie öffentliche Orte und nehmen Personen ohne festen Wohnsitz fest. Zwar war Wohnungslosigkeit bereits seit langem kriminalisiert worden, doch stellt diese Razzia ein neues Ausmaß dar: Es handelt sich um die erste zentral organisierte Massenverhaftungsaktion der Nationalsozialisten. Die Wohnungslosen sind ihr schutzlos ausgeliefert. Die begleitende Pressekampagne zeichnet das Bild vermeintlich »berufsmäßiger Bettler«, die sich an Almosen bereichern und nicht tatsächlich bedürftig seien. Das mache sie zu »Schädlingen«, von denen die »Volksgemeinschaft« befreit werden müsse.

Die meisten Festgenommenen kommen nach wenigen Wochen frei. Andere werden anschließend in Arbeitshäuser, Versorgungsheime und (teils noch provisorische) Konzentrationslager verschleppt.


Zentralisierung, Systematisierung und Ausweitung der Verfolgung

Ab Anfang 1937 geht der nationalsozialistische Staats- und Parteiapparat systematischer bei der Verfolgung von »Asozialen« und »Berufsverbrechern« vor. Das Reichsinnenministerium veröffentlicht im Dezember 1937 dann den »Grundlegenden Erlaß über die vorbeugende Verbrechensbekämpfung durch die Polizei«.

Damit liegt erstmals eine reichseinheitliche Regelung der »Vorbeugungshaft« vor. Die Kripo kann diese nun nicht nur gegen Personen verhängen, die sie als »Berufs- oder Gewohnheitsverbrecher« definiert, sondern auch gegen vermeintlich »Asoziale«. Ziel systematischer Verhaftungen werden beispielsweise Wohnungslose, Wandergewerbetreibende, Suchtkranke und Frauen, die als Prostituierte arbeiten oder von den Behörden für solche gehalten werden. Ohne Gerichtsverfahren überstellt die Kripo die Betroffenen in Konzentrationslager. Durch Massenverhaftungen steigt die Zahl der Häftlinge dort sprunghaft an.

Das zweite Instrument ist die »polizeiliche planmäßige Überwachung«. Menschen geraten so unter die Kontrolle der Kripo, ohne dass es eines richterlichen Beschlusses bedarf. Sie müssen sich regelmäßig bei der Polizei oder dem Gesundheitsamt melden, dürfen nachts die Wohnung nicht verlassen oder zu bestimmten Personen keinen Kontakt mehr aufnehmen. Die »polizeiliche planmäßige Überwachung« trifft vor allem Frauen, denen die Nationalsozialisten einen »liederlichen Lebenswandel« vorwerfen.

Der Chef der deutschen Polizei Reichsführer SS Heinrich Himmler legt bereits im Februar 1937 Richtlinien zur Verhaftung von 2.000 »Berufs- und Gewohnheitsverbrechern sowie gewohnheitsmäßigen Sittlichkeitsverbrechern« fest. Am 9. März 1937 führt die Kripo diese Massenverhaftungen (»März-Aktion«) durch. Die Verhafteten werden in Konzentrationslager verschleppt.

Im Januar 1938 gibt Himmler auch der Gestapo Handhabe zu Festnahmen unter dem Vorwand der Kriminalprävention. Sie kann das von ihr genutzte Instrument der »Schutzhaft« nun auch gegen vermeintlich »Asoziale« anwenden. Im Visier sind unter anderem Personen, die angebotene Arbeitsplätze abgelehnt oder gekündigt haben. Für Himmler handelt es sich bei ihnen um erblich belastete »Arbeitsscheue«, die Stellen stets nur zur Tarnung annähmen. Verblieben sie auf dem Arbeitsmarkt, könne man sie nicht ausfindig machen. Zur »Bereinigung« ordnet er unangekündigte Massenrazzien und die Verschleppung in Konzentrationslager an.

Im April 1938 verhaftet die Gestapo 2.000 angeblich »Arbeitsscheue« und verschleppt sie in das KZ Buchenwald. Manche werden sogar an ihrem Arbeitsplatz verhaftet und verstehen überhaupt nicht, was ihnen widerfährt. Vom 13. bis 18. Juni wird die reichsweite Verhaftungswelle unter dem Namen »Aktion Arbeitsscheu Reich« durch die Kripo fortgeführt. Mit der Vorgabe, 200 Personen pro Leitstellenbezirk der Kripo festzunehmen, verhaften die Polizisten weit mehr als die vorgegebene Quote: Insgesamt inhaftieren sie mehr als 10.000 Menschen, die sie für »asozial« halten. Unter den Verhafteten sind neben Unterhaltssäumigen, Wohnungslosen und (vermeintlichen) Prostituierten auch zahlreiche Juden und Sinti. Allein in Berlin werden in diesen Tagen mehr als 1.000 Juden unter fadenscheinigen Vorwürfen festgenommen und umgehend in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen deportiert. In den Konzentrationslagern bilden die Festgenommenen kurzzeitig die größte Häftlingsgruppe – erkennbar an ihnen zugewiesenen Markierungen wie dem schwarzen Winkel.

Ein weiterer Schauplatz der nationalsozialistischen Verfolgung sind die »Asozialensiedlungen«. Diese errichten die Kommunen unter Eigenregie meist am Rand von Großstädten. Ende der 1930er Jahre sind die Siedlungen überbelegt. Anstatt Familien in prekären Verhältnissen Unterstützung durch die Wohlfahrt zukommen zu lassen, zwingen die Nationalsozialisten sie, in diese Siedlungen zu ziehen.

Die Nationalsozialisten sind von der Vererbbarkeit angeblicher »Asozialität« überzeugt. Das Erfassen, Einsperren, Kontrollieren und »Zerschlagen« vermeintlich »asozialer Großfamilien« wird zu einem zentralen Anliegen von Rassenhygieniker/-innen. Sie führen zu diesem Zweck auch »Durchmusterungen« durch. In den Siedlungen sehen sich die Familien der Kontrolle des Wohlfahrtamtes und der Polizei ausgesetzt – die Aufsicht reicht bis hin zur Überwachung der allgemeinen Nachtruhe. Wer sich nicht an die Vorgaben hält, wird bestraft. Bei den Siedlungen handelt es sich nicht um geschlossene Lager, aber um Zwangseinrichtungen. Rassenhygieniker/-innen, Behörden und Polizei entscheiden, ob die Bewohner/-innen geschlossenen Anstalten und Konzentrationslagern überstellt werden oder ob ihnen Wohnraum in der Stadt in Aussicht gestellt wird.

Nach dem Einmarsch der Wehrmacht und der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich im März 1938 beginnt auch hier die Verfolgung. Die Behörden beginnen unverzüglich mit Deportationen und Lagereinweisungen. 1940 fordert der neue Reichsstatthalter und Gauleiter von Wien, Baldur von Schirach, ein radikaleres Vorgehen. Vermutlich im Nachgang von Fußballkrawallen, bei denen sein Wagen beschädigt worden war, ordnet er an, »die asozialen Elemente Wiens« »festzustellen«. 500 Personen seien kurzfristig zu verhaften.

Kurz darauf etabliert sich eine österreichische Besonderheit: In Wien bilden NSDAP, Kripo, Arbeitsamt und zentrale Stellen der Wiener Gemeindeverwaltung ab 1941 eine »Asozialenkommission«. Sie beschleunigt Einweisungen und entscheidet über Einzelfälle – ohne dass jemals eine betroffene Person gehört wird. Anfänglich beschäftigt sich die Kommission hauptsächlich mit der Einweisung von Männern, bis die Gestapo deren Verfolgung beansprucht. Danach geraten Frauen ins Visier, gegen die die Kriminalpolizei auch Straßenrazzien durchführt. Den Vorsitz der Kommission haben stets Ärzte inne, allesamt Vertreter der »Rassenhygiene«. Zuletzt bekleidet Ernst Illing dieses Amt, der 1946 wegen seiner Rolle bei der Kinder-»Euthanasie« hingerichtet wird. Neben den Ärzten kommt Fürsorgerinnen eine wichtige Rolle zu: Sie entscheiden mit, welche Frauen als »asozial« gelten.

563 Männer und 651 Frauen werden in Wien aufgrund von Anträgen der »Asozialenkommission« in Anstalten und Konzentrationslager verschleppt. Durch die ausgestellten Bescheide vermittelt die Kommission ihrem Handeln den Anschein von Legalität. Für die Betroffenen bedeuten die Einweisungen Zwangsarbeit, körperliche Übergriffe bis zur Folter und oft tödliche Lagerhaft.


Radikalisierung und Vernichtung

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 richten die Nationalsozialisten die ideologischen Ziele der Verbrechensbekämpfung neu aus. Der Terror von Lagereinweisungen wird weniger mit der Gefährdung der »Volksgemeinschaft« begründet; immer häufiger ist nun von deren Schädigung die Rede – und von der »Ausmerzung der Volksschädlinge«. Die Bestimmungen zur Vorbeugungshaft werden erneut ausgeweitet. Sie kann nun gegen Frauen wegen vermeintlicher Prostitution verhängt werden, sobald sie auch nur gegen Auflagen der Gesundheitsämter verstoßen.  Zudem droht Jugendlichen Lagerhaft, deren Kontrolle dem Regime im Kriegsalltag erschwert erscheint. Ab 1940 lässt das Reichssicherheitshauptamt drei »Jugendschutzlager« errichten – Konzentrationslager für widerständige, unangepasste oder angeblich »schwachsinnige« Jugendliche. Hier unterzieht sie die Rassenhygienische Forschungsstelle Zwangsuntersuchungen und verfasst »Prognosen«. Viele werden zwangssterilisiert. Die Lager unterstehen der Weiblichen Kriminalpolizei unter Führung der ranghöchsten deutschen Polizistin Friederike Wieking.

Während die Wehrmacht große Teile Europas unter Besatzung hält, weiten die Nationalsozialisten den ›Krieg nach innen‹ weiter aus. Ab 1941 beginnen sie mit der gezielten Tötung von Lagerhäftlingen durch Giftgas. Ab 1942 übergibt die Justiz zudem tausende Insass/-innen deutscher Gefängnisse dem SS- und Polizeiapparat zur Überstellung in Konzentrationslager. Mit dem näher rückenden Kriegsende verschlechtern sich die Zustände in den Lagern dramatisch: Zahlreiche Häftlinge sterben an Krankheiten und Unterversorgung. Erst der militärische Sieg der Alliierten über das Deutsche Reich beendet 1945 den Terror. Die Gesamtzahl jener, die mittels Polizeilicher Vorbeugungshaft in Konzentrationslager eingewiesen wurden, wird auf mindestens 80.000 geschätzt. Wie viele von ihnen überlebt haben, ist unbekannt.

Ab Frühjahr 1941 werden tausende KZ-Häftlinge Opfer eines bereits laufenden Massenverbrechens, der »Euthanasie-Morde«. Angehörige der Ärztekommissionen, die schon seit Anfang 1940 »Selektionen« an Anstaltsbewohner/-innen und Menschen mit Behinderungen vornehmen, reisen nun in die Konzentrationslager. Mit den jeweiligen Lagerleitungen bestimmen sie Häftlinge zur Ermordung mittels Kohlenmonoxidgas in den »Euthanasie«-Tötungsanstalten Bernburg, Sonnenstein und Hartheim. Zur Verschleppung in den Tod werden vor allem Gefangene ausgesucht, die die Nationalsozialisten für »nicht mehr arbeitsfähig« halten. Zunehmend befinden sich darunter auch Angehörige von Häftlingsgruppen, die den Nationalsozialisten besonders missliebig sind, wie Juden oder »Asoziale«. 1942 verfügt das Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt jedoch einen Runderlass, aus dem strengere Selektionskriterien hervorgingen. Einziger Grund dafür ist der erhöhte Bedarf an Arbeitskräften in der Rüstungsindustrie.

Der Massenmord, dem bis zu 20.000 Personen zum Opfer fallen, trägt den Tarnnamen »14f13«.

Mit Andauern des Krieges steigen die Gefallenenzahlen bei der Wehrmacht. Dies verstärkt bei der nationalsozialistischen Führung die ohnehin bestehende Furcht vor einer erbbiologischen Schwächung der »Volksgemeinschaft«. Hitler verlangt vor diesem Hintergrund wiederholt und öffentlich, dass Verbrecher nicht »konserviert« werden dürfen. Der im August 1942 ernannte neue Reichsjustizminister Otto Thierack einigt sich daraufhin mit dem Chef der deutschen Polizei Reichsführer SS Heinrich Himmler darauf, dass sämtliche Sicherungsverwahrte, »asoziale Elemente« und andere Gefangenengruppen aus den Justizvollzugsanstalten »an den Reichsführer SS zur Vernichtung durch Arbeit ausgeliefert werden.« In den Folgemonaten überstellen die Justizbehörden bis zu 20.000 Gefangene und Sicherungsverwahrte in Konzentrationslager. Dort leiden und sterben tausende unter der Schwerstarbeit und der mangelhaften Versorgung.


Die europäische Dimension – vier Schlaglichter

Während des Zweiten Weltkrieges besetzen deutsche Militär-, SS- und Polizeiverbände große Teile Europas. Sie führen – vor allem in Osteuropa – einen Vernichtungsfeldzug gegen die Zivilbevölkerung und ermorden Millionen Menschen, darunter sechs Millionen Juden und Jüdinnen sowie hunderttausende Roma und Sinti. An vielen Orten zwischen Nordsee und Schwarzem Meer gehen die deutschen Besatzer auch gegen Menschen vor, die sie für »Gewohnheitsverbrecher«, »Berufsverbrecher« und »Asoziale« halten.

Am 1. September 1939 greift die Wehrmacht Polen an. Nach der Niederlage der polnischen Armee fällt der Westen des Landes an das Deutsche Reich, der Osten an die Sowjetunion. Die deutschen Besatzer vertreiben hunderttausende polnische Staatsbürger/-innen und begehen erste Massenmorde.

Am 10. Mai 1940 beginnen Polizeikräfte unter dem Kommandanten der Sicherheitspolizei und des SD in Krakau, Bruno Streckenbach, erneut mit umfassenden Erschießungen. Die Besatzer geben diesen Morden die Bezeichnung »Außerordentliche Befriedungsaktion«. Nach den Worten Streckenbachs richtet diese sich gegen den polnischen Widerstand und gegen »Verbrecherelemente«. Auf einer Polizeisitzung Ende Mai 1940 erläutert er seine Pläne, »3.000 Berufsverbrecher (…) der Liquidation zuzuführen«, um Platz in den Gefängnissen zu schaffen. Etwa zur gleichen Zeit führt die deutsche Führung ein gegen die polnische Bevölkerung gerichtetes Sonderrecht ein. Die ergänzende »Polenstrafrechtsverordnung« weitet ab 1941 die Möglichkeiten zur Verhängung von Strafen – Todesstrafe und Verschleppung ins Lager –  drastisch aus. 

Ab 1942 droht auch polnischen Kindern und Jugendlichen Lagerhaft. In der annektierten Stadt Łódź errichtet die deutsche Verwaltung eines der drei Jugend-Konzentrationslager im Deutschen Reich, das »Polen-Jugendverwahrlager Litzmannstadt«. Zur Einweisung genügt der Polizei der Vorwurf des unerlaubten Erwerbs von Lebensmittelkarten. Aber auch Kinder ermordeter Widerstandskämpfer/-innen werden hierher verschleppt. Viele sterben durch Unterversorgung und Krankheiten. Die Regelungen zur Lagereinweisung entwickelt Hans Muthesius, Referatsleiter im Reichsinnenministerium, später Schlüsselfigur der Sozialreformen in der frühen Bundesrepublik.

Die Nationalsozialisten betrachten die kommunistische Sowjetunion als ihren weltanschaulichen Hauptgegner, trotz des 1939 geschlossenen Nichtangriffspaktes zwischen beiden Regimen. Im »Antibolschewismus« der deutschen Führung verbinden sich extremer Antikommunismus und Judenhass. Im März 1941 bezeichnet Hitler den Bolschewismus in einer Geheimrede als »asoziales Verbrechertum«. Ab Juni 1941 überfallen drei Millionen deutsche Soldaten die Sowjetunion, ihnen folgen Verbände der SS und Polizei. Es handelt sich um einen erklärten Vernichtungskrieg. Zunächst werden gezielt Funktionäre der kommunistischen Partei und jüdische Männer erschossen, bald darauf ganze jüdische Gemeinden. Die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD berichten regelmäßig und detailliert über den Umfang der Morde nach Berlin. In ihren Aufstellungen erscheinen immer wieder auch »Asoziale« oder »Berufsverbrecher« unter den Opfern von Massen- oder Einzelerschießungen. Lokale Helfer/-innen unterstützen die Deutschen dabei.

Nach dem Sieg der Wehrmacht über Frankreich im Juni 1940 fällt der Norden des Landes unter deutsche Besatzung, 1942 auch der Süden. Die südfranzösische Stadt Marseille und insbesondere das historische Viertel am Alten Hafen, in dem viele ärmere Familien wohnen und zahlreiche Juden und Jüdinnen Zuflucht finden, gelten Hitler und Himmler als Hort des Widerstandes und »Saustall Frankreichs«. 1943 lässt die SS das Stadtquartier räumen und Haus für Haus sprengen. Einmal mehr überlagern sich politische, soziale und rassistische Verfolgungsmotive. Die Mehrzahl der 20.000 Ausquartierten findet sich in einem Übergangslager wieder. Etwa 800 Juden und Jüdinnen verschleppt die SS in das Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen. Weitere 800 Personen verbringen die Deutschen in die Konzentrationslager Sachsenhausen und Mauthausen. Ihnen werfen die Nationalsozialisten Widerständigkeit vor.

Im April 1940 besetzt die Wehrmacht Dänemark. Die Nationalsozialisten geben an, hier ein »Musterprotektorat« errichten zu wollen, schließlich halten sie die dänische Bevölkerung für »Germanen«. Die Bevölkerung begehrt zunächst kaum, dann aber immer offener gegen die Besatzung auf. Am 2. Oktober 1943 verhindern Angehörige des Widerstands die Deportation von 7.000 Jüdinnen und Juden und bringen die Geretteten mit Booten nach Schweden. Unter Protest der dänischen Regierung verschleppen die Deutschen weitere 500 Jüdinnen und Juden in das Konzentrationslager Theresienstadt. Auf Sabotageakte aus dem Untergrund reagieren die Gestapo und der SD mit gezieltem Terror, sprengen Privathäuser und verhängen eine Ausgangssperre. Dänische Arbeiter/-innen reagieren auf die Aktionen der Besatzer mit tagelangen Streiks und Straßenblockaden. 1944 führen die Gestapo und Kripo gezielte und anhand von kriminalpolizeilichen Karteien vorbereitete Razzien in Kopenhagener Cafés und Gaststätten durch. Sie verhaften mehrere hundert Männer, die sie als »Asoziale« oder »Gewohnheitsverbrecher« bezeichnen. Etliche verschleppen sie in das Internierungslager Frøslev an der deutsch-dänischen Grenze, mindestens 420 Männer verbringen sie bis Januar 1945 in das Konzentrationslager Neuengamme.

In der Zeit des Nationalsozialismus sterilisieren Ärzte zwangsweise etwa 400.000 Menschen. Sie sollen keine Kinder bekommen – die Nationalsozialisten gehen davon aus, dass geistige und körperliche Eigenschaften vererbbar seien. Damit gehen sie gegen Menschen vor, die sie als »minderwertig« ansehen. Etwa 5.000 Menschen sterben an den Folgen des medizinischen Eingriffs, andere werden später in Kliniken ermordet, Hundertausende bleiben staatlich organisiert kinderlos.

Das deutsche Militär heißt ab 1935 Wehrmacht. Bis 1945 schwören insgesamt 17 Millionen Soldaten ihren unbedingten Gehorsam auf die Person Adolf Hitlers. Die Wehrmacht überfällt und besetzt fast alle Länder Europas und verübt zahlreiche Kriegsverbrechen: Sie brennt ganze Orte nieder und führt im Osten einen Vernichtungskrieg gegen Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma sowie die weitere Bevölkerung. Erst in den 1990er Jahren findet eine kontroverse Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Wehrmacht statt.

Vernichtungslager dienen den Nationalsozialisten zur systematischen Ermordung von Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma und anderen unerwünschten Gruppen. Zwischen 1941 und 1945 errichtet die SS acht Vernichtungslager im besetzten Polen und Belarus. Diese Tötungsstätten sind so angelegt, in ihnen schnell und massenhaft zu morden, ohne zuvor noch die Arbeitskraft der Verschleppten auszubeuten. Von den etwa 6 Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden sterben etwa 2,7 Millionen in den Vernichtungslagern.

Die SS (»Schutzstaffel«) unter der Leitung von Heinrich Himmler versteht sich als elitärer Wehrverband des nationalsozialistischen Staates. Mit der Übernahme und dem Umbau der Polizei durch Himmler wird die SS zum zentralen Terrorinstrument des Regimes. 1934 erhält sie erhält die Kontrolle über sämtliche Konzentrationslager. Das 1939 gebildete Reichssicherheitshauptamt, die Planungszentrale für die Verbrechen im deutsch besetzten Europa, ist ihr zugeordnet.

Als »Sittlichkeitsverbrecher« werden Personen bezeichnet, die sexuelle Straftaten begehen. Bereits im Strafrecht des Kaiserreichs können »Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit« mit Gefängnis oder Zuchthaus bestraft werden. Die Nationalsozialisten verschärfen das bestehende Strafrecht, indem sie für »Gewohnheitsverbrecher« längere Zuchthausstrafen, unbefristete Sicherungsverwahrung und weitere Maßregeln gesetzlich verankern.

Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler 1933 bringen die Nationalsozialisten schrittweise die Polizei unter ihre Kontrolle. Der Reichsführer SS Heinrich Himmler vereinigt in diesem Zuge die neugebildete »Geheime Staatspolizei« (Gestapo) mit der Kripo zur Sicherheitspolizei. Diese wird wiederum 1939 mit dem Sicherheitsdienst (SD) unter dem Dach des Reichssicherheitshauptamtes zusammengelegt.

Der SD (Sicherheitsdienst des Reichsführers SS) wird 1931 durch den Reichsführer SS Heinrich Himmler zunächst als Nachrichtendienst der SS (Schutzstaffel) gebildet und soll Informationen über politische Gegner/-innen und Oppositionsströmungen innerhalb der Nationalsozialisten sammeln. Ab 1934 wird der SD zum Nachrichtendienst der NSDAP. Er untersteht Reinhard Heydrich, der den SD 1939 im neugebildeten Reichssicherheitshauptamt mit der Sicherheitspolizei (Gestapo und Kripo) zusammenlegt.

Die Sturmabteilung ist der auf Adolf Hitler eingeschworene Wehrverband der NSDAP. Die SA schürt Antisemitismus und greift politische Gegner/-innen an. Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler dient die SA in Preußen als »Hilfspolizei«, verhaftet und quält Menschen, oft in »wilden« Lagern. 1934 gehören ihr etwa vier Millionen Männer an.  Den Versuch der SA-Führung, aus ihr eine allumfassende Parteimiliz zu formen, beantwortet Hitler mit ihrer Entmachtung.

Als zentraler Pfeiler der nationalsozialistischen Ideologie fordert die »Rassenhygiene« die »Befreiung des deutschen Volkskörpers« von vermeintlichen »Schädlingen« und »Ballastexistenzen«. Darunter verstehen die Nationalsozialisten Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Menschen mit Behinderungen, aber auch vermeintlich »Asoziale« oder »Kriminelle«. Sie verfügen Heiratsverbote, Zwangssterilisationen, Anstalts- und Lagereinweisungen oder töten »Erbbelastete« unmittelbar.

Als zentraler Pfeiler der nationalsozialistischen Ideologie fordert die »Rassenhygiene« die »Befreiung des deutschen Volkskörpers« von vermeintlichen »Schädlingen« und »Ballastexistenzen«. Darunter verstehen die Nationalsozialisten Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Menschen mit Behinderungen, aber auch vermeintlich »Asoziale« oder »Kriminelle«. Sie verfügen Heiratsverbote, Zwangssterilisationen, Anstalts- und Lagereinweisungen oder töten »Erbbelastete« unmittelbar.

Als zentraler Pfeiler der nationalsozialistischen Ideologie fordert die »Rassenhygiene« die »Befreiung des deutschen Volkskörpers« von vermeintlichen »Schädlingen« und »Ballastexistenzen«. Darunter verstehen die Nationalsozialisten Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Menschen mit Behinderungen, aber auch vermeintlich »Asoziale« oder »Kriminelle«. Sie verfügen Heiratsverbote, Zwangssterilisationen, Anstalts- und Lagereinweisungen oder töten »Erbbelastete« unmittelbar.

Die deutsche Gewaltherrschaft in den besetzten Gebieten beruht neben unmittelbarem Terror auch auf Justizunrecht. In Polen verschärft der Reichsführer SS Heinrich Himmler als Chef der deutschen Polizei 1941 massiv die Strafen. Mit der Polenstrafrechtsverordnung drohen Lager und Todesstrafe schon für kleine Vergehen. Darunter fällt Alltägliches wie Fahrradfahren oder Gaststättenbesuche. Das rassistische Sonderstrafrecht trifft auch die polnischen Zwangsarbeiter/-innen im Reichsgebiet.

Am 9. März 1937 verhaftet die Kripo erstmals massenhaft »Berufs- und Gewohnheitsverbrecher sowie gewohnheitsmäßige Sittlichkeitsverbrecher« im gesamten Reichsgebiet. Die Zahl der Festzunehmenden legt Reichsführer SS Heinrich Himmler als Chef der Polizei auf 2.000 fest. Sie werden nach ihren Vorstrafen und danach ausgewählt, ob sie eine Arbeit haben. Die Männer sperrt die Kripo in die Konzentrationslager Dachau, Lichtenburg, Sachsenburg sowie Sachsenhausen ein, die Frauen ins KZ Moringen.

Als »Gewohnheitsverbrecher« gelten seit den 1920er Jahren Personen, die wegen mehrerer Straftaten verurteilt sind. Bereits Ende 1933 nimmt die nationalsozialsozialistische Regierung diese Personengruppe mit einem eigenen Gesetz ins Visier. »Gefährlichen Gewohnheitsverbrechern« spricht die nationalsozialistische Justiz ab, sich bessern zu können, weil sie Kriminalität für vererbbar hält. Gegen diese Menschen ordnen Richter unbefristete »Sicherungsverwahrung« an. Später werden sie häufig auch als »Berufsverbrecher« bezeichnet.

Der Gauleiter ist ein führendes Mitglied der NSDAP und für eine bestimmte Provinz, den sogenannten Gau, verantwortlich. Er hat ursprünglich die Aufgabe, die Aktivitäten der Partei und ihrer Organisationen innerhalb seines Gaus zu organisieren. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 bauen die Gauleiter ihren Einflussbereich aus und übernehmen vermehrt auch staatliche Aufgaben.

Als Für­sorge­­anstalten bezeichnen die nationalsozialistischen Wohlfahrtsämter vor allem Wanderhöfe und Arbeitshäuser. Sie dienen im Deutschen Reich als Haftstätten mit Arbeitszwang unter anderem für Personen, denen Landstreicherei, Bettelei, Prostitution oder Obdachlosigkeit vorgeworfen wird. Die Nationalsozialisten sperren ab 1933 zunächst Tausende in solche Anstalten ein. Bald darauf gehen sie verstärkt dazu über, Personengruppen, die sie als »Asoziale« bezeichnen, in Konzentrationslager zu verschleppen.

Erbgesundheitsgerichte entscheiden seit 1934 darüber, wem die Möglichkeit genommen werden soll, Kinder zu bekommen. Das Vorschlagsrecht für diese Zwangssterilisationen liegt bei Ärzt/-innen, Fürsorger/-innen und Anstaltsleitungen. Die Gerichte legen dann fest, wer »erbkrank« ist und fällen die Urteile, häufig mit einer Gruppenzugehörigkeit, einer Behinderung oder dem Verhalten der Betroffenen begründet. Deren Rechte missachten die Verfahren. Für fast 400.000 Menschen enden sie mit der Unfruchtbarmachung.

Menschen werden als »asozial« bezeichnet und verfolgt, weil sie in der nationalsozialistischen »Volksgemeinschaft« keinen Platz haben. Das betrifft vor allem Arbeits- oder Wohnungslose, Bettler, Fürsorgeempfänger/-innen, Prostituierte oder unangepasste Jugendliche. Ihnen wird vorgeworfen, die Gemeinschaft zu gefährden. Bei ihrer Verfolgung arbeiten Behörden wie Fürsorgeämter, Justiz und Polizei zusammen. Sie schaffen ein engmaschiges Netz aus Überwachungs- und Zwangsmaßnahmen.

Der Begriff wurde von Behörden bereits vor 1933 verwendet. Die Nationalsozialisten verunglimpfen damit Arbeitslose, denen sie vorwerfen, sich keine Arbeit suchen zu wollen. Diese Personen erhalten keine staatliche Hilfe – stattdessen zwingt die Fürsorge sie zu schwerer Arbeit und sperrt die Polizei sie vielfach in Konzentrationslagern ein. Allein 1938 verhaftet sie mehr als 10.000 Personen. »Arbeitsscheue« gilt den Nationalsozialisten als erblich und als Gefahr für die »Volksgemeinschaft«.

Abkürzung für Konzentrations­lager

Bezeichnung für alle im Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten errichteten Haftstätten für politische Gegner/-innen oder Menschen, die zu solchen erklärt wurden. Die Gefangenen sterben an schwerer körperlicher Zwangsarbeit, Unterernährung, Krankheiten, Folter sowie durch gezielte und willkürliche Morde. Die Lager stehen unter Kontrolle der SS (Schutzstaffel). Zwischen 1933 und 1945 waren insgesamt 2,5 bis 3,5 Millionen Menschen in Konzentrations­lagern inhaftiert.

Am 18. September 1942 weisen Reichsjustizminister Otto Georg Thierack (1889–1946) und Reichsführer-SS Heinrich Himmler (1900–1945) die Justizbehörden an, »asoziale Elemente« direkt und ohne Verfahren zur »Vernichtung durch Arbeit« in Konzentrationslager zu überstellen. Das Abkommen betrifft unter anderen Sicherungsverwahrte, Jüdinnen und Juden sowie Sinti und Roma. Die vorsätzliche Tötung durch schwere Zwangsarbeit wird in dem Abkommen klar formuliert.

Als »Euthanasie« (altgriechisch: schöner Tod) bezeichnen die Nationalsozialisten den Massenmord an Menschen mit geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen. Im Rahmen der »Aktion T4« töten Ärzte und Pflegepersonal 1940/41 über 70.000 Patient/-innen aus Heil- und Pflegeanstalten. Nach Protesten der Bevölkerung wird das Programm offiziell abgebrochen, heimlich aber fortgeführt. Insgesamt werden bis 1945 europaweit etwa 300.000 Patient/-innen in Tötungsanstalten, durch Medikamente oder gezieltes Verhungern ermordet.

Am Abend des 27. Februar 1933 steht der Reichstag in Flammen. Die Nationalsozialisten bezichtigen die Kommunist/-innen der Brandstiftung. Tags darauf erlässt Reichspräsident von Hindenburg (1847–1934) die »Verordnung zum Schutz von Volk und Staat«. Diese hebelt die Grundrechte der Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit aus. Unmittelbar danach verschleppen Polizei und SA zehntausende KPD-Mitglieder und andere politische Gegner/-innen in Gefängnisse und »wilde« Konzentrationslager.

Kurz nach ihrer Machtübernahme 1933 führen die Nationalsozialisten die »Vorbeugungshaft« als Instrument der »Vorbeugenden Verbrechensbekämpfung« ein. Die Kriminalpolizei wird damit ermächtigt, mehrfach vorbestrafte Personen erneut festzunehmen und auf unbestimmte Zeit in Konzentrationslager zu überstellen. Mit einem Erlass vom Dezember 1937 geraten auch Personen ins Visier, denen »verbrecherische« oder »asoziale« Neigungen unterstellt wurden. Richterliche Überprüfungen gibt es nicht.

In der Zeit des Nationalsozialismus sterilisieren Ärzte zwangsweise etwa 400.000 Menschen. Sie sollen keine Kinder bekommen – die Nationalsozialisten gehen davon aus, dass geistige und körperliche Eigenschaften vererbbar seien. Damit gehen sie gegen Menschen vor, die sie als »minderwertig« ansehen. Etwa 5.000 Menschen sterben an den Folgen des medizinischen Eingriffs, andere werden später in Kliniken ermordet, Hundertausende bleiben staatlich organisiert kinderlos.

(grüner Win­kel, schwarzer Win­kel)

In den Konzentrationslagern beraubt die SS die Häftlinge ihrer Namen und vergibt Nummern. Neben der Nummer müssen die Häftlinge unterschiedlich farbige Win­kel an ihrer Kleidung tragen. Die Win­kel verweisen auf den Grund der Haft. Die SS schafft damit auch eine Hierarchie der Gefangenen. Die Farbe des Win­kels hat Einfluss auf die Behandlung im Lager. Personen, die den schwarzen Win­kel tragen, gelten als »asozial«, Menschen mit dem grünen Win­kel als »Berufsverbrecher«.

Die »Volks­gemeinschaft« ist das nationalsozialistische Ideal des Zusammenlebens von deutschen »Volksgenossen«. Wer dazugehört und wer nicht, bestimmen rassistische Kriterien. Die Ausgeschlossenen werden als »Volksschädlinge« herabgewürdigt. Zu ihnen zählen Juden und Jüdinnen, Sinti und Roma, politische Gegner/-innen, Menschen mit Behinderungen, Homosexuelle, aber auch »Asoziale« und »Berufsverbrecher«.

Durch Verhängen der »Schutz­haft« kann die Gestapo unerwünschte Personen, meist politische Gegner/-innen, für unbefristete Zeit in Schutzhaft- und Konzentrationslagern einsperren. Die Einweisung wird dabei nicht durch ein Gericht überprüft, sondern direkt von polizeilicher Seite angeordnet. Da die »Schutzhäftlinge« für die Zeit ihrer Haft vollkommen rechtlos gestellt sind, haben sie keine Möglichkeit Widerspruch einzulegen.

Die Kriminalpolizei (»Kri­po«), ein regulärer Zweig der Polizeiarbeit für die Verfolgung von Straftaten, ist im Nationalsozialismus neben anderen Aufgaben für die Kontrolle und Verfolgung »Gemeinschaftsfremder« zuständig.  Als »Berufsverbrecher« oder »Asoziale« bezeichnete Personen werden von ihr planmäßig überwacht und zeitlich unbeschränkt in Haft genommen.
Die Beurteilung, was als »asoziales Verhalten« gilt, bleibt den Polizisten überlassen – kleinste Verhaltensauffälligkeiten können zur Inhaftierung führen.

Bezeichnung für alle im Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten errichteten Haftstätten für politische Gegner/-innen oder Menschen, die zu solchen erklärt wurden. Die Gefangenen sterben an schwerer körperlicher Zwangsarbeit, Unterernährung, Krankheiten, Folter sowie durch gezielte und willkürliche Morde. Die Lager stehen unter Kontrolle der SS (Schutzstaffel). Zwischen 1933 und 1945 waren insgesamt 2,5 bis 3,5 Millionen Menschen in Konzentrations­lagern inhaftiert.

Im Nationalsozialismus überwacht die Polizei auch Jugendliche. Nach Kriegsbeginn errichtet sie zwei KZ-ähnliche »Jugend­schutzlager«: Für männliche Jugendliche das KZ Moringen, für Mädchen und junge Frauen das KZ Uckermark. Auf unbestimmte Zeit eingewiesen werden Minderjährige zwischen 13 und 21 Jahren, denen Fürsorge und Polizei »widerspenstiges« oder »sittlich verkommenes« Verhalten vorwerfen. Sie werden meist als angeblich »asozial« inhaftiert, viele aber auch aus politischen Gründen.

Die Nationalsozialisten schaffen die »Geheime Staatspolizei« zur Bekämpfung politischer Gegner/-innen. Auch an der Verfolgung von Minderheiten ist sie maßgeblich beteiligt. Ohne richterliche Prüfung können Beamte Wohnungen durchsuchen, Personen inhaftieren, in Konzentrationslager bringen oder ermorden. Sie erzwingen in Verhören Geständnisse unter Folter. In den besetzten Gebieten sind Ge­stapo­beamte an Massenerschießungen und anderen Verbrechen beteiligt.

Unter Für­­sorge werden die Hilfe und Sorge für andere Menschen verstanden. Zur öffentlichen Für­sorge zählen neben den Jugend- und Gesundheitsämtern die Wohlfahrtsämter. Sie sollen zum Beispiel Arbeitslose mit Geld unterstützen. Die Nationalsozialisten schließen verschiedene Personengruppen von der Fürsorge aus, weil sie nicht als Teil der »Volksgemeinschaft« angesehen werden. Darunter sind Juden oder Menschen, die als »arbeitsscheu« und »asozial« gelten.

Im September 1933 durchsuchen Polizei und SA ohne vorherige Ankündigung Nachtasyle, Kneipen und Straßen im gesamten Deutschen Reich. Bei dieser »Bettler­razzia« handelt es sich um die erste zentrale Verhaftungswelle gegen Wohnungslose. Die Festgenommenen kommen meist nach sechswöchiger Haft frei. Manche werden im Anschluss in Arbeitshäuser, geschlossene Fürsorgeanstalten und Konzentrationslager verbracht.

Als »Berufs­verbrecher« werden seit den 1920er Jahren Personen bezeichnet, die Straftaten begehen, um daraus ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Bereits im November 1933 gehen die Nationalsozialisten entschieden mit einer vorbeugenden Polizeihaft gegen diese Personengruppe vor. Als »Berufs­verbrecher« gilt, wer in fünf Jahren drei Mal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wurde. Die Kriminalpolizei kann damit Betroffene ohne Verdacht in »Vorbeugungshaft« nehmen.

Menschen werden als »A­soziale« bezeichnet und verfolgt, weil sie in der nationalsozialistischen »Volksgemeinschaft« keinen Platz haben. Das betrifft vor allem Arbeits- oder Wohnungslose, Bettler, Fürsorgeempfänger/-innen, Prostituierte oder unangepasste Jugendliche. Ihnen wird vorgeworfen, die Gemeinschaft zu gefährden. Bei ihrer Verfolgung arbeiten Behörden wie Fürsorgeämter, Justiz und Polizei zusammen. Sie schaffen ein engmaschiges Netz aus Überwachungs- und Zwangsmaßnahmen.

Staatliche Arbeitsämter sind in Deutschland seit der Weimarer Republik für die Arbeitsvermittlung zuständig. Ab 1933 werden sie zu einem Werkzeug der nationalsozialistischen Arbeitspolitik. Sie beteiligen sich an der Verfolgung von Personen, die sich aus unterschiedlichen Gründen weigern, eine Arbeit anzunehmen, streichen ihnen die Unterstützung und melden sie der Polizei. Im Zweiten Weltkrieg sind deutsche Arbeitsämter an der Verschleppung von Zwangsarbeitern und am Holocaust beteiligt.