Georg Tauber

Georg Tauber

geboren am 11. Mai 1901 in Rosenheim – gestorben am 21. Oktober 1950 in Kempfenhausen

Georg Tauber arbeitet zunächst als Werbezeichner in der Presse- und Filmindustrie. Aufgrund einer Verletzung benötigt er Schmerzmittel und wird davon abhängig. Doch Georg Tauber hat nicht genug Geld, seinen Morphinbedarf zu finanzieren. Deshalb gerät er mit dem Gesetz in Konflikt. Mehrmals wird er aufgrund seiner Erkrankung in die Heil- und Pflegeanstalt Erlangen eingewiesen: Er kommt von der Sucht jedoch nicht los. Auch seine Ehe zerbricht an seiner Abhängigkeit. Es folgen weitere Klinikaufenthalte sowie immer wieder Wohnortwechsel.

»Heil-­ und Pflegeanstalt« ist eine veraltete Bezeichnung für eine psychiatrische Klinik. Im Nationalsozialismus werden in diesen Klinken Menschen mit körperlichen, geistigen und psychischen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen, aber auch Alkoholkranke, Homosexuelle und Personen, die sich sozial unangepasst verhalten, eingesperrt. Zwischen 1940 und 1945 werden mehr als 250.000 Menschen in deutschen Heil- und Pflegeanstalten ermordet.

Kunst als Zeugnis

Wegen Rezeptfälschungen und Betrügereien verurteilt ein Gericht Georg Tauber Ende Mai 1938 zu einer Gefängnisstrafe. Seine Sucht und die mehrfache Behandlung in der Psychiatrie nimmt die Polizei zum Anlass, ihn in den Akten als »asozial« zu führen.

Portraitfoto von Georg Tauber um 1930
Portraitfoto von Georg Tauber um 1930.
Quelle: Stadtarchiv Nürnberg C 21/VII Nr. 163

Im Januar 1940 weist ihn die Kripo erst in das KZ Sachsenhausen ein, drei Monate später wird Georg Tauber in das KZ Dachau überstellt. Er ist 39 Jahre alt. In Dachau gelingt es ihm, gute Kontakte zu seinen Mithäftlingen aufzubauen – ein Umstand, der seinem zeichnerischen Talent geschuldet ist. So verziert er auf Bitten von Mithäftlingen Glückwunschkarten mit Ornamenten und Blumen und malt für einen Zivilarbeiter Aquarelle.

Den weitaus größeren Teil seiner Aquarelle und Zeichnungen fertigt er nach der Befreiung des Lagers an. Dabei sind seine Zeichnungen, die Verbrechensszenen darstellen, von besonderer Bedeutung. Sie bezeugen die Taten und zeigen die verantwortlichen Täter. In Strafprozessen verwenden die Ankläger einige seiner Bilder sogar als Beweismittel gegen SS-Angehörige des Konzentrationslagers Dachau. Georg Tauber hält mit seinen Zeichnungen Beweise für die Nachwelt fest.

Unmittelbar nach der Befreiung setzt sich Georg Tauber für die Anerkennung aller NS-Verfolgten ein. Er gründet die Arbeitsgemeinschaft »Die Vergessenen«, die den als »Berufsverbrecher« und »Asoziale« Verfolgten eine Stimme geben will. Jedoch findet der Verein wenig Resonanz und wird nach wenigen Monaten verboten. Das Stigma der »Asozialen«, die letztlich selber an ihrem Unglück Schuld seien, so eine in der Nachkriegsgesellschaft weit verbreitete Meinung, setzt sich fort. Georg Tauber erlebt, dass es in Fragen der Anerkennung der NS-Verfolgung auch keine Solidarität unter den ehemaligen KZ-Häftlingen gibt.

Er möchte, wie er sagt, seine Erinnerungen mit dem Titel »Die Wahrheit über Dachau« publizieren. Doch sein Gesundheitszustand lässt dies nicht mehr zu. Er stirbt im Oktober 1950 im Alter von 49 Jahren an der Lungenkrankheit Tuberkulose.

Aquarell von Georg Tauber, das einen Häftling zeigt der SS-Männer durch einen Fleischwolf dreht
Georg Tauber, ohne Titel, 1945. Aquarell und Tusche. Ein Häftling dreht SS-Männer durch den Fleischwolf. Die von Tauber geschriebene Inschrift des Bildes lautet: »Zur Erinnerung gewidmet: H. Kempter von Tauber Gg. ehemaliger Konzentrationshäftling. Ein mit dem Schweiße der Häftlinge aufgebauter SS Betrieb, Wülfert Konserven 10facher Kriegsgewinnler. Tauber Gg 1945«.
Quelle: Privatbesitz

Die SS (»Schutzstaffel«) unter der Leitung von Heinrich Himmler versteht sich als elitärer Wehrverband des nationalsozialistischen Staates. Mit der Übernahme und dem Umbau der Polizei durch Himmler wird die SS zum zentralen Terrorinstrument des Regimes. 1934 erhält sie erhält die Kontrolle über sämtliche Konzentrationslager. Das 1939 gebildete Reichssicherheitshauptamt, die Planungszentrale für die Verbrechen im deutsch besetzten Europa, ist ihr zugeordnet.

Menschen werden als »asozial« bezeichnet und verfolgt, weil sie in der nationalsozialistischen »Volksgemeinschaft« keinen Platz haben. Das betrifft vor allem Arbeits- oder Wohnungslose, Bettler, Fürsorgeempfänger/-innen, Prostituierte oder unangepasste Jugendliche. Ihnen wird vorgeworfen, die Gemeinschaft zu gefährden. Bei ihrer Verfolgung arbeiten Behörden wie Fürsorgeämter, Justiz und Polizei zusammen. Sie schaffen ein engmaschiges Netz aus Überwachungs- und Zwangsmaßnahmen.

Abkürzung für Konzentrations­lager

Bezeichnung für alle im Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten errichteten Haftstätten für politische Gegner/-innen oder Menschen, die zu solchen erklärt wurden. Die Gefangenen sterben an schwerer körperlicher Zwangsarbeit, Unterernährung, Krankheiten, Folter sowie durch gezielte und willkürliche Morde. Die Lager stehen unter Kontrolle der SS (Schutzstaffel). Zwischen 1933 und 1945 waren insgesamt 2,5 bis 3,5 Millionen Menschen in Konzentrations­lagern inhaftiert.

Die Bezeichnung »Zivil­arbeiter/-in« umfasst Menschen, die zur Arbeit in der Landwirtschaft und Rüstungsindustrie eingesetzt sind. Anders als Kriegsgefangene oder KZ-Häftlinge unterstehen sie nicht der Wehrmacht, der SS oder der Gestapo, sondern werden von Firmen, Behörden, Bauern oder Familien beschäftigt. Dabei kann der Begriff sowohl ausländische Zwangsarbeiter/-innen als auch zivile deutsche Beschäftigte bei Unternehmen bezeichnen.

Die Kriminalpolizei (»Kri­po«), ein regulärer Zweig der Polizeiarbeit für die Verfolgung von Straftaten, ist im Nationalsozialismus neben anderen Aufgaben für die Kontrolle und Verfolgung »Gemeinschaftsfremder« zuständig.  Als »Berufsverbrecher« oder »Asoziale« bezeichnete Personen werden von ihr planmäßig überwacht und zeitlich unbeschränkt in Haft genommen.
Die Beurteilung, was als »asoziales Verhalten« gilt, bleibt den Polizisten überlassen – kleinste Verhaltensauffälligkeiten können zur Inhaftierung führen.

Bezeichnung für alle im Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten errichteten Haftstätten für politische Gegner/-innen oder Menschen, die zu solchen erklärt wurden. Die Gefangenen sterben an schwerer körperlicher Zwangsarbeit, Unterernährung, Krankheiten, Folter sowie durch gezielte und willkürliche Morde. Die Lager stehen unter Kontrolle der SS (Schutzstaffel). Zwischen 1933 und 1945 waren insgesamt 2,5 bis 3,5 Millionen Menschen in Konzentrations­lagern inhaftiert.

Als »Berufs­verbrecher« werden seit den 1920er Jahren Personen bezeichnet, die Straftaten begehen, um daraus ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Bereits im November 1933 gehen die Nationalsozialisten entschieden mit einer vorbeugenden Polizeihaft gegen diese Personengruppe vor. Als »Berufs­verbrecher« gilt, wer in fünf Jahren drei Mal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wurde. Die Kriminalpolizei kann damit Betroffene ohne Verdacht in »Vorbeugungshaft« nehmen.

Menschen werden als »A­soziale« bezeichnet und verfolgt, weil sie in der nationalsozialistischen »Volksgemeinschaft« keinen Platz haben. Das betrifft vor allem Arbeits- oder Wohnungslose, Bettler, Fürsorgeempfänger/-innen, Prostituierte oder unangepasste Jugendliche. Ihnen wird vorgeworfen, die Gemeinschaft zu gefährden. Bei ihrer Verfolgung arbeiten Behörden wie Fürsorgeämter, Justiz und Polizei zusammen. Sie schaffen ein engmaschiges Netz aus Überwachungs- und Zwangsmaßnahmen.