Pionierarbeit für »vergessene« Verfolgte: Ein Interview mit Petra Vollmer und Stefan Romey

Am 20. Januar 2022 treffen wir uns in Hamburg mit Petra Vollmer und Stefan Romey und befragen die beiden über ihren Einsatz für Menschen, die im Nationalsozialismus verfolgt, aber über viele Jahrzehnte nicht als Verfolgte anerkannt wurden.

Stefan Romey gehört 1983 zu den Gründern der Hamburger Projektgruppe für die vergessenen Opfer des NS-Regimes e.V.. 1988 geht aus dem Verein die Stiftung »Hilfe für NS-Verfolgte« hervor, unter deren Dach auch eine Beratungsstelle für Betroffene eingerichtet wird. Stefan Romey ist Mitinitiator der Stiftung und ab 2009 deren Vorstandsvorsitzender.

Petra Vollmer stößt 1989 zur Stiftung »Hilfe für NS-Verfolgte«. Sie berät Betroffene insbesondere zu Entschädigungsanträgen. Ab 1998 gehört sie dem Vorstand der Stiftung an. 1996 wird sie zudem Geschäftsführerin der Solidarischen Hilfe im Alter, eines Pflegedienstes der speziell auf NS-Verfolgte und deren Angehörige ausgerichtet ist.

Wir führen ein sehr angenehmes, ruhiges Interview über die Arbeit der Projektgruppe und der Stiftung. Als wir zu den Biografien kommen, wird das Gespräch schwungvoller: Die Erinnerung an die Begegnungen mit verschiedenen Verfolgten ist bei Petra Vollmer und Stefan Romey auch nach vielen Jahren noch sehr präsent. Sie streuen immer wieder kleine Anekdoten ein, die den »Klienten« aus den förmlichen Akten eine eigene Persönlichkeit geben.

Interview mit Stefan Romey und Petra Vollmer in Hamburg
Interview mit Stefan Romey und Petra Vollmer in Hamburg. Foto: Stiftung Denkmal

Im Mittelpunkt des Interviews stehen die Pionierarbeit, die die Projektgruppe bei der Forschung zu nicht als Verfolgten anerkannten Opfern des NS-Regimes geleistet hat, und die Unterstützung der Betroffenen durch die Beratungsstelle. Wie kam es zum Zusammenschluss der Projektgruppe und zur Gründung der Stiftung? Wie war die Situation der Verfolgten? In welchen Punkten konnten Projektgruppe und Stiftung die Verfolgten beraten und unterstützen? Stefan Romey und Petra Vollmer blicken zurück auf die Anfänge der Projektgruppe sowie die Gründung der Stiftung und erzählen anhand von ausgewählten Biografien eindrücklich von ihren Begegnungen mit Verfolgten und deren Kampf um Anerkennung.

Das Interview erscheint demnächst in Ausschnitten auf unserer Webseite. Mehr über die frühe Forschung, zu der auch die Hamburger Projektgruppe zählt, erfahrt ihr schon jetzt in der Chronik.

Friederike Pescheck


Petra Vollmer ist am 1. Juli 2022 verstorben. Bis zuletzt setzte sie sich für Verfolgte des NS-Regimes und deren Angehörige ein. Einen Nachruf mit ihrem über dreißig-jährigen Wirken findet ihr auf der Webseite der KZ-Gedenkstätte Neuengamme.

Abkürzung für Konzentrations­lager

Bezeichnung für alle im Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten errichteten Haftstätten für politische Gegner/-innen oder Menschen, die zu solchen erklärt wurden. Die Gefangenen sterben an schwerer körperlicher Zwangsarbeit, Unterernährung, Krankheiten, Folter sowie durch gezielte und willkürliche Morde. Die Lager stehen unter Kontrolle der SS (Schutzstaffel). Zwischen 1933 und 1945 waren insgesamt 2,5 bis 3,5 Millionen Menschen in Konzentrations­lagern inhaftiert.

Nach 1945 gibt es verschiedene Ent­schädigungsregelungen für Verfolgte des Nationalsozialismus. In Westdeutschland gilt das Bundesentschädigungsgesetz (BEG) über Geld- bzw. Rentenleistungen. In der DDR erhalten Überlebende Geld und Sachleistungen von den »Ausschüssen der Opfer des Faschismus«. In Österreich regelt das Opferfürsorgerecht mögliche Ansprüche. In allen drei Staaten bleiben als »Asoziale« und »Berufsverbrecher« Verfolgte über Jahrzehnte von Ent­schädigungen ausgeschlossen.