Rückblick: Theaterworkshop »Vom Monolog zum Dialog« mit Harald Hahn

Am 10. Mai finden sich einige Teilnehmer/-innen zum Workshop »Vom Monolog zum Dialog« mit Harald Hahn in der Volkshochschule Weiden-Neustadt ein, der auf einem Theaterstück des Vorabends basiert.

Zunächst wird mittels theaterpädagogischer Methoden ein hohes Maß an Vertrauen und Fehlerfreundlichkeit innerhalb der Gruppe etabliert.

Hierfür dient ein etwa einstündiges »Warm up« mit Übungen und Spielen aus dem »Theater der Unterdrückten«. Im Anschluss lernen die Teilnehmenden vier Biografien von Menschen kennen, die als »Asoziale« oder »Berufsverbrecher« verfolgt wurden, und die auch in der Ausstellung gezeigt werden: Werner Thümer, Sibilla Rombach, Josef Krautmann und Dr. Irma Kraus.

Nach der Annäherung an je eine Biografie und die Einführung in die Methoden des Monolog-Theaters sind die Teilnehmenden gefragt, Gespräche mit den historischen Personen zu entwickeln. Entscheidend dabei ist, dass all dies aus ihrer heutigen Position heraus geschieht; es wird also nicht das Ziel verfolgt, sich in die Biografien hineinzuversetzen. Die Länge des Monologs oder an wen sie sich im Rahmen des Monologs wenden wollen – den Betroffenen selbst, ihren Angehörigen oder gar an der Verfolgung beteiligten Menschen –, bleibt den Teilnehmenden freigestellt.

Als Hilfestellung werden Leitfragen an die Hand gegeben: Welche Frage würde ich der Person gerne stellen? Was löst die Lebensgeschichte in mir aus? Welche Gedanken oder Gefühle habe ich? Was hat die Lebensgeschichte mit mir zu tun?

Ausgehend davon, verfassen die Teilnehmenden eigene Monologe. Einige nehmen sich Requisiten zur Hilfe. Für den letzten theatralen Schliff sorgt Harald Hahn. Nach einer intensiven Erarbeitungsphase werden die Monologe vorgestellt, um im Anschluss darüber ins Gespräch zu kommen.

Der 17-Jährigen Sibilla Rombach, die versucht aus der kleinbürgerlichen Welt auszubrechen und lieber Freund/-innen in der Großstadt trifft, widmet sich der erste Monolog. Während eine Teilnehmerin zu Sibilla spricht, Verständnis äußert, hört man die mahnenden Stimmen der Familie im Hintergrund. Der bewegenden Inszenierung schließt sich eine Diskussion an, in der deutlich wird, wie streng auch heute noch Verhalten von Mädchen und Frauen bewertet wird und wie schwer es sein kann, sich familiären Erwartungen zu entziehen.   

Nach einem anregenden Monolog zu Werner Thümer, der sich mit dem Vorwurf »arbeitsscheu« konfrontiert sieht, folgt ein intensives Gespräch über die Bewertung von Arbeit heute. Welchen Stellenwert hat Arbeit in unserem Leben? Wieso definiert sich der Wert des Einzelnen über seine Tätigkeit?

Bei der jüdischen Ärztin Irma Kraus, die wegen der Durchführung von Abtreibungen verfolgt wird, stellen die beiden Teilnehmerinnen sehr persönliche und emotionale Bezüge zu sich selbst bzw. zur eigenen Familiengeschichte her. Im Gespräch wird die Komplexität der Biografie durch die verschiedenen Verfolgungsebenen deutlich.

Zum Schluss widmen sich zwei Teilnehmerinnen Josef Krautmanns Geschichte. Sie adressieren im Wechsel Josef und seine Partnerin Maria. Dabei entwickeln sie eine eigene emotionale Dynamik und machen deutlich, wie sehr auch die Familien von der Verfolgung betroffen waren.

Die Abschlussrunde ist, wie am Vorabend, von Wertschätzung und Offenheit geprägt. Hervorgehoben wird Hahns unermüdlicher Einsatz und theaterpädagogische Erfahrung, mittels derer die Gruppe schnell untereinander Vertrauen fassen konnte. Der Tag und die Gruppe seien ein »safe space« gewesen, resümiert eine der Teilnehmerinnen. Die Fragen und Eindrücke werden sicher noch lange nachwirken.

Laura Lopez Mras

Fotos: KZ-Gedenkstätte Flossenbürg

Abkürzung für Konzentrations­lager

Bezeichnung für alle im Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten errichteten Haftstätten für politische Gegner/-innen oder Menschen, die zu solchen erklärt wurden. Die Gefangenen sterben an schwerer körperlicher Zwangsarbeit, Unterernährung, Krankheiten, Folter sowie durch gezielte und willkürliche Morde. Die Lager stehen unter Kontrolle der SS (Schutzstaffel). Zwischen 1933 und 1945 waren insgesamt 2,5 bis 3,5 Millionen Menschen in Konzentrations­lagern inhaftiert.

Als »Berufs­verbrecher« werden seit den 1920er Jahren Personen bezeichnet, die Straftaten begehen, um daraus ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Bereits im November 1933 gehen die Nationalsozialisten entschieden mit einer vorbeugenden Polizeihaft gegen diese Personengruppe vor. Als »Berufs­verbrecher« gilt, wer in fünf Jahren drei Mal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wurde. Die Kriminalpolizei kann damit Betroffene ohne Verdacht in »Vorbeugungshaft« nehmen.

Menschen werden als »A­soziale« bezeichnet und verfolgt, weil sie in der nationalsozialistischen »Volksgemeinschaft« keinen Platz haben. Das betrifft vor allem Arbeits- oder Wohnungslose, Bettler, Fürsorgeempfänger/-innen, Prostituierte oder unangepasste Jugendliche. Ihnen wird vorgeworfen, die Gemeinschaft zu gefährden. Bei ihrer Verfolgung arbeiten Behörden wie Fürsorgeämter, Justiz und Polizei zusammen. Sie schaffen ein engmaschiges Netz aus Überwachungs- und Zwangsmaßnahmen.

Der Begriff wurde von Behörden bereits vor 1933 verwendet. Die Nationalsozialisten verunglimpfen damit Arbeitslose, denen sie vorwerfen, sich keine Arbeit suchen zu wollen. Diese Personen erhalten keine staatliche Hilfe – stattdessen zwingt die Fürsorge sie zu schwerer Arbeit und sperrt die Polizei sie vielfach in Konzentrationslagern ein. Allein 1938 verhaftet sie mehr als 10.000 Personen. »Arbeitsscheue« gilt den Nationalsozialisten als erblich und als Gefahr für die »Volksgemeinschaft«.