
Am 16. Februar 2024 erhält Frank Nonnenmacher das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland. Der Sozialwissenschaftler und emeritierter Professor an der Goethe-Universität in Frankfurt/Main ist eine der zentralen Figuren im langwierigen Prozess der Anerkennung der als »Asoziale« und »Berufsverbrecher« Verfolgten als Opfer des Nationalsozialismus. Er war an der Petition an den Bundestag im Jahr 2018 beteiligt und ist Vorsitzender des »Verbandes für das Erinnern an die verleugneten Opfer des Nationalsozialismus«
Die Bürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main, Nargess Eskandari-Grünberg, würdigt Frank Nonnenmachers Engagement: »Schweigen und Verschweigen. Das waren nach dem Zweiten Weltkrieg die häufigsten Reaktionen auf das große Morden, mit denen die Nationalsozialisten Deutschland und Europa überzogen haben. In das Verschweigen haben sich die Täter geflüchtet, das Schweigen wurde zum Schicksal der Opfer. Sie, sehr verehrter Herr Nonnenmacher, haben daran gearbeitet, dass das Schweigen und Verschweigen durchbrochen wurde. Sie haben den Weg für eine aktuelle und notwendige Erinnerungskultur bereitet«
Frank Nonnenmacher durchbrach dieses Schweigen 2014. In diesem Jahr veröffentlichte er »Du hattest es besser als ich. Zwei Brüder im 20. Jahrhundert«, eine Doppelbiografie über seinen Vater Gustav und dessen Bruder Ernst. Ernst Nonnenmacher wurde als »Asozialer« und später als »Berufsverbrecher« verfolgt und in den Konzentrationslagern Flossenbürg und Sachsenhausen inhaftiert. Im Dezember 2021 trafen wir Frank Nonnenmacher zu einem Interview.
Wir gratulieren Herrn Nonnenmacher zu dieser Würdigung seines langjährigen Engagements.
An den zwei Tagen in Nürnberg werden bewegende Familiengeschichten ausgetauscht. Schnell wird klar, dass die Verfolgung und die anschließende Verleugnung der Betroffenen alle Teilnehmenden ungeachtet ihrer Verschiedenheit bis heute beschäftigen und schmerzen. Manche von ihnen sprechen hier zum ersten Mal über ihre Familiengeschichte. Am zweiten Tag der Versammlung wird es dann ganz praktisch: Die Anwesenden gründen einen Verein, der einerseits zur geschützten Vernetzung von Angehörigen beitragen soll und andererseits eine aktive Rolle nach außen einnehmen will. Als Vorsitzenden wählen die Anwesenden Frank Nonnenmacher, als Stellvertreterin Ines Eichmüller.
Zu den Zielen des neu gegründeten Verbandes gehören unter anderem ein Beitrag zur historisch-politischen Bildung und der Einsatz für die Umsetzung des Bundestagsbeschlusses vom 13. Februar 2020. Denn hier gibt es noch einiges zu tun: Neben der Entwicklung der Wanderausstellung, zu der auch diese Webseite gehört, beschloss der Bundestag die Förderung von Forschungsarbeiten zu Verfolgtenbiografien sowie zu den Instanzen der nationalsozialistischen Verfolgung.
Sobald der Verband über eine Internetpräsenz verfügt, informieren wir hier darüber.
Merle Stöver
Wenn ihr Kontakt zum Verband aufnehmen wollt, könnt ihr Euch direkt an den Vorsitzenden Prof. Dr. Frank Nonnenmacher wenden: .
Mehr Informationen zum Verband findet ihr auf www.dieverleugneten-vevon.de.
Bezeichnung für alle im Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten errichteten Haftstätten für politische Gegner/-innen oder Menschen, die zu solchen erklärt wurden. Die Gefangenen sterben an schwerer körperlicher Zwangsarbeit, Unterernährung, Krankheiten, Folter sowie durch gezielte und willkürliche Morde. Die Lager stehen unter Kontrolle der SS (Schutzstaffel). Zwischen 1933 und 1945 waren insgesamt 2,5 bis 3,5 Millionen Menschen in Konzentrationslagern inhaftiert.
Als »Berufsverbrecher« werden seit den 1920er Jahren Personen bezeichnet, die Straftaten begehen, um daraus ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Bereits im November 1933 gehen die Nationalsozialisten entschieden mit einer vorbeugenden Polizeihaft gegen diese Personengruppe vor. Als »Berufsverbrecher« gilt, wer in fünf Jahren drei Mal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wurde. Die Kriminalpolizei kann damit Betroffene ohne Verdacht in »Vorbeugungshaft« nehmen.
Menschen werden als »Asoziale« bezeichnet und verfolgt, weil sie in der nationalsozialistischen »Volksgemeinschaft« keinen Platz haben. Das betrifft vor allem Arbeits- oder Wohnungslose, Bettler, Fürsorgeempfänger/-innen, Prostituierte oder unangepasste Jugendliche. Ihnen wird vorgeworfen, die Gemeinschaft zu gefährden. Bei ihrer Verfolgung arbeiten Behörden wie Fürsorgeämter, Justiz und Polizei zusammen. Sie schaffen ein engmaschiges Netz aus Überwachungs- und Zwangsmaßnahmen.